Liebe Leserinnen und Leser,
Re-Start… eines der besonderen Wörter, die uns die Corona Zeit beschert hat. Erst kam der Lockdown, und nun der Re-Start… erst die Ausgangsbeschränkungen und nun der Neustart, die Wieder-Öffnung…
Dabei war das Herunterfahren – trotz aller Einschränkungen – fast einfacher. Aber nun wieder zu öffnen, zu starten – fast scheint es die schwierigere Aufgabe zu sein…
Warum ist ein Neustart oft schwieriger?
Nehmen wir als Beispiele unsere Gottesdienste. Viele Gemeinden feiern noch immer keine regelmäßigen Gottesdienste in ihren Kirchen oder Versammlungsräumen. Wir haben uns entschieden, damit wieder früh zu starten… leiden aber doch sehr unter den (für mich zumeist verständlichen) Einschränkungen, die es mit sich bringt. Auf Abstand in der Kirche sitzen; kein Singen; viele sind vorsichtig und kommen (noch) nicht… erlebte Gemeinschaft sieht für mich eigentlich anders aus. Es ist ein (irgendwann) notwendiger Re-Start – aber doch nicht so ganz einfach hinzukriegen. Und dann stehen ja noch besondere Ereignisse aus, die wir verschoben haben: Die Konfirmation im September. Wie wird es werden? Im August wollen wir unsere Gottesdienste – wenn es aufgrund des Wetters möglich ist – draußen feiern (auch zu etwas geänderten Zeiten… ein Experiment). Der Neustart verlangt uns Flexibilität ab. Ja – aller Anfang ist schwer!
Warum ist ein Neustart oft schwierig?
Als weiteres Beispiel nenne ich unsere oftmaligen sportlichen Ambitionen. Für den Urlaub habe ich mir vorgenommen wieder mit dem Laufen anzufangen. Vor wenigen Jahren bin ich noch viel und lange gelaufen. Nun macht vor allem die Luft bzw. das Atmen (durch mein Asthma bedingt) mir Mühe. Es wird mit dem Laufen nur langsam gehen. Werde ich den inneren Schweinehund überwinden? Und wenn ja, werde ich es durchhalten mich wieder auch über längere Strecken fortzubewegen, zumal es mir sicherlich eher wie Schleichen und nicht wie Laufen vorkommen wird… Macht meine Muskulatur mit? Ich bin ziemlich draußen… Gar nicht so einfach, so ein Neustart – verbunden mit vielen Gedanken, Überlegungen, Zweifel und Fragen… aller Anfang ist schwer!
Warum ist ein Neustart oft schwierig?
Ein letztes Beispiel sei genannt: Der Glaube. Auch mit dem Re-Start im Glauben kann es ganz schön schwer sein. Wenn man so richtig „raus“ ist, sich wieder aufzumachen, sich wieder auf den Weg zu machen, an einem Gottesdienst teilzunehmen, wo ich so lange nicht da gewesen bin – das alles erfordert ganz viel Selbstüberwindung und Mut. Und oft merken wir im Nachhinein: Gott hat uns vielleicht selber einen Schubs geben müssen.
Ich habe großen Respekt vor Menschen, die es noch einmal ausprobieren wollen, die bereit sind der Gemeinschaft der Christen eine neue Chance zu geben – obwohl man vielleicht einmal sehr enttäuscht wurde. Ich staune über Menschen, die sich noch einmal auf Gott und den Glauben einlassen wollen, mit allen Fragen und Zweifeln. Ich bewundere diejenigen, „die ihren Glauben verloren haben“, die aber bereit sind, neu zu prüfen, zu fragen, zu suchen, zu entdecken – die sich nicht damit zufrieden geben, dass der Sinn des Lebens in den vergänglichen (wenn auch oft schönen) Dingen dieser vergänglichen Welt liegen soll. Nein – in unser Herz ist die Sehnsucht nach Ewigkeit gelegt, die Gott nur stillen kann.
Ein Re-Start/ Neustart – oft schwer. Die Hindernisse schier unüberwindlich. Warum sich überhaupt aufmachen? Es kann mühevoll und anstrengend werden…
Ein Neustart – im geistlichen Leben kommen wir nicht ohne solche Neustarts aus. Immer wieder müssen wir neu starten – vielleicht eben auch noch einmal ganz grundsätzlich… unser Leben neu ausrichten, auf Gott ausrichten…
Ich wünsche Ihnen, dass Sie diesen Neustart – wo nötig – angehen. Und, dass Sie nicht nur die Mühen und Startschwierigkeiten sehen, sondern auch erleben, welch ein Segen auf einem Leben mit Gott liegt. Wie gut zu wissen: Wir haben einen uns liebenden himmlischen Gott und Vater, in dessen Armen wir vor allem eines erfahren: Unendliche Liebe. Darum lohnt sich dieser Neustart!
Mit herzlichen Grüßen,
Ihr Paul-Ulrich Rabe
Pfarrer