Brand und Wiederaufbau

Gegen Ende der 1870er Jahre hatte Wissenbach etwa 550 Einwohner. Ungefähr  dort, wo sich heute der Parkplatz der Volksbank befindet, stand die Dorflinde, bei der öffentliche Versammlungen stattfanden. Gegenüber auf der anderen Seite der Bezirksstraße befand sich die Kirche (Kapelle), dort wo heute der Hof der ehemaligen Metzgerei Kretzer ist. Von der Dorflinde in Richtung Eibelshausen gesehen standen nebeneinander 7 Scheunen. In einer dieser Scheunen brach wohl das Feuer am 7. Mai 1879 gegen 9:30 Uhr aus. Begünstigt durch einen starken Nordwind fingen die zum Teil Stroh gedeckten Gebäude schnell Feuer. Ein Großteil der Bevölkerung war zu dieser Zeit auf den Feldern, um Kartoffeln zu setzen. Sie kamen schnell herbeigestürzt und konnten noch das restliche Vieh befreien, das nicht auf der Weide war. Schnell griff das Feuer um sich und entwickelte einen riesigen Brandherd. Die Wissenbacher Feuerwehr besaß zudem nur 5-6l Eimer, die von Hand zu Hand in einer Menschenkette vom Bach zur Brandstätte weitergereicht werden konnten. Die herbeigeeilten und mit Pumpspritzen ausgerüsteten Feuerwehren aus Eibelshausen und Eiershausen konnten einige der noch nicht brennenden Gebäude an der Hofstraße so unter Wasser setzen, dass sie vom Feuer verschont blieben, aber die bereits brennenden Gebäude waren nicht mehr zu retten.

Die Kirche hatte bald nach Ausbruch des Brandes Feuer gefangen und in der aufsteigenden Hitze begann die Glocke von selbst zu läuten, bevor der Glockenstuhl zusammenbrach und die Glocke in Glut und Trümmern zerschmolz. Das Feuer wütete noch bis in den Nachmittag.

Die Obdachlosen wurden aufgenommen, wo sich nur irgendein Platz bot, zum Teil auch in Massenquartieren. Einige konnten auch in Frohnhausen und Eibelshausen Unterkunft finden.

Durch den Brand wurden 48 Wohnhäuser, 51 Ställe und Scheunen und die Kirche vernichtet. Das war die Hälfte des Dorfes. Noch bevor das Feuer gelöscht war, wurde das Unglück in Dillenburg durch den Schellenmann bekannt gegeben, und innerhalb einer knappen Stunde wurden dort 3 Wagen voller Lebensmittel gespendet und bereits am nächsten Tag kam ein ganzer Wagenzug mit Brot, Kartoffeln, Heu und Stroh aus Niederscheld. Die Sechsheldener schickten gleich 20 Fuhrwerke und auch aus Oberroßbach und Rodenbach kamen größere Spenden. Von allen Seiten kam Unterstützung, auch der Kaiser ließ dem sogleich einberufenen Hilfskomitee eine persönliche Spende von 1000 Mark überreichen und viele Menschen aus der Umgebung kamen in den nächsten Tagen und Wochen und brachten Gaben mit.

Am Sonntag nach dem Brand kamen mehr als tausend Menschen nach Wissenbach zum Gottesdienst im Freien. Pfarrer Spieß aus Frohnhausen hielt eine ergreifende Predigt, in der er sich tröstend an die Brandgeschädigten und bittend an die zahlreichen Besucher wandte.
Fotografen aus Dillenburg und Siegen boten überall Bilder der Brandstätte für 75 Pfennige an und auch dieses Geld kam den Menschen zugute, die ihr Dach über dem Kopf verloren hatten.

Mit Hilfe der zahlreichen Spenden konnte sehr bald mit dem Wiederaufbau begonnen werden. Die Straßen wurden verbreitert und die Grundstücke neu vermessen. Dabei bekam die Kirche einen neuen Standort ca. 150 m weiter westlich. Architekt Hofmann aus Herborn nahm sich die im Jahr des Brandes fertig gestellte Wiesbadener Bergkirche  als Vorbild und entwarf unsere schöne  Wissenbacher Kirche im damals üblichen neugotischen Stil, natürlich kleiner und einfacher gehalten. (Auf der Internetseite der Bergkirche Wiesbaden können Sie einen virtuellen Rundgang (Bergkirche in 3D) durch diese Kirche machen, die innen komplett ausgemalt ist und Deckengewölbe und Blendarkaden besitzt).

Am 26. Juli 1880 fand die feierliche Grundsteinlegung statt und bis zum Winter wurde die Kirche im Rohbau fertig gestellt. Bereits am Mittwoch, den 20. Juli 1881 konnte die Einweihung der neuen Kirche gefeiert werden, zu der sich die ganze Gemeinde und zahlreiche auswärtige Gäste einfanden. Von der alten Schule, in der zwischenzeitlich die sonntäglichen Lesegottesdienste stattgefunden hatten, bewegte sich um 10 Uhr vormittags unter dem Geläut der neuen Glocken, (von denen die eine bereits kurz nach dem Brand der Gemeinde von der Glockengießerei in Sinn geschenkt wurde) ein langer Zug zur neuen Kirche, die damals noch den Rang einer Kapelle hatte, um dort gemeinsam Gott zu loben und zu danken.

Zusammenfassung des Berichts (aus: Evangelische Kirche Wissenbach 1881 – 1981): „Der Wissenbacher Brand“ von Adolf Franz† aus dem Jahr 1956, der den Brand als 7jähriger selbst miterlebte. Fotos zur Verfügung gestellt von Joachim Köster.